Jochen Zmecks Handbuch der Magie
An dieser Stelle möchte ich auf ein Standardwerk der Magie eingehen, nämlich Jochen Zmecks fast in Vergessenheit geratenen Klassiker Handbuch der Magie“. Sicher, ein Zauberbuch der Alten Schule – hier werden Kunststücke mit Tüchern und Münzen uns Spielkarten wie übrigens auch Zigarettentricks und Mikromagie näher erklärt. Aber was lässt sich darin nicht alles finden und entdecken, auch an Kunststücken, die leicht abgewandelt noch heute manchem Zauberprogramm zum Ruhm gereichen können – wenn der Zauberkünstler es sich eben nicht ganz einfach macht und etwas Zeit darauf verwendet, die entsprechende Trickbeschreibung anzupassen und sie sich wirklich zu eigen zu machen. Etwas, das heutzutage einfach viel zu selten gemacht wird – der Griff zum vorgefertigten Kunststück, das dem Zauberer all seine Arbeit abnimmt, liegt eben einfach viel zu nah. Und es ist ja heutzutage auch kein Problem mehr, sich einen Zaubertrick im Onlineshop zu besorgen – vor allem Anfänger glauben, sie könnten sofort loslegen! Was ein Irrtum ist, wie jeder Zauberkünstler weiß, der sich hiermit einmal etwas näher befasst hat.
Bereits im Vorwort wird klar, wieviel Zauberkünstler unserer heutigen Zeit von Jochen Zmeck und seinem umglaublichen Fachwissen profitieren können – und nicht nur in technischer, sondern auch in theoretischer bzw. weltanschaulicher Hinsicht. Ein schöner Begriff, denn ja – das gibt es auch in der Zauberei! Und vielen Zauberern wäre es dringend geraten, sich damit wieder etwas mehr zu befassen, doch dazu später. So lauten zum Beispiel einige der ersten Sätze im Vorwort von Jochen Zmeck:
„Manche Leute sind der Meinung, daß es ein Anachronismus sei, sich in einer durch die Technik entzauberten Welt noch mit Zauberkunst zu beschäftigen. Sie glauben, unser Sein sei ausgefüllt von seelenlosen Maschinen und daneben sei keine Zeit mehr für träumerische Spielerei. Vielleicht schwebt vor ihnen gar die schreckliche Vision einer Welt, in der die Automaten die Herrschaft angetreten haben. Aber schon ein kleines Kartenspiel von 32 Blatt erweist sich als Bollwerk gegen den Vormarsch der elektronischen Roboter. Kein Computer kann errechnen, wie die vierzehnte karte in eine Kartenspiel heißt – der Kartenkünstler weiß es! Kein Elektronengehirn ist imstande, das Wotz zu nennen, das sich ein Zuschauer aus 10.000 verschiedenen herausgesucht hat – der Zauberkünstler tut es! Kein Telegraf, Telefon, Radio oder Fernsehen kann kompakte Gegenstände von einem Ort zum anderen übertragen – der Zauberkünstler tut es!“
Diese Worte, von Jochen Zmeck 1978 veröffentlicht (Henschel Velag, Berlin, 1978) stehen und sprechen noch heute für sich, sie sind aktueller denn je und in gewisser Weise sogar zeitlos. Ich möchte an dieser Stelle nicht näher auf die technischen Aspekte eingehen, die in dem Buch sehr ausgiebig, detailreich und anschaulich beschrieben werden (ich kann es nur jedem, der eine solide Einführung ins Zaubern erhalten möchte, wärmstens empfehlen, vielleicht schreibe ich ein anderes Mal auch hierüber noch einen Beitrag). Aber gerade der Aspekt der Zauberei als poetisches Medium, das hierdurch quasi ein Gegengewicht bildet zu unserer technisierten Zeit, ist meiner Meinung nach auch der Grund dafür, dass Zauberei noch heute ebenso aktuell ist wie vor Jahrhunderten. Rätsel und Illusionen entziehen sich ganz einfach der Computerisierung und Technisierung, und der Magier, der mit bloßen Händen Wunder vollbringt, ist nach wie vor ein Archetyp der menschlichen Kultur. Viele Zauberer, die Zauberkunst heutzutage als billige Unterhaltung missverstehen, sind sich nicht mehr bewusst, dass im Kern ihrer Kunst das Wunder notwendig ist, um die Zuschauer auch wirklich zu berühren. Flache, oft technisch geschickt vorgeführte Kunststücke, jedoch langweilig, sind das Ergebnis. So dringt heutzutage die Zauberkunst in vielen Fällen leider nicht mehr an die Seele der Menschen vor, viele Zsuchauer bleiben ebenso unberührt wie unbeeindruckt. Jochen Zmeck wusste als „Zauberer der alten Schule“ noch um dieses Geheimnis, das sich nicht erklären lässt sondern sich nur im Ergebis einer Zaubervorstellung offenbaren kann…!